9
Okt
2011

Fremdsprachen in Estland

Noch ein paar Worte über den Fremdsprachenunterricht in Estland. Im Prinzip können die estnischen Schüler bis zu vier Fremdsprachen wählen, als A-, B- C- und D-Sprache bezeichnet. Die A-Sprache ist dabei die erste lebende Fremdsprache, B die zweite usw. A beginnt in der 5. Schulstufe, B in der 6., C und D können in der Oberstufenform gewählt werden (also ab der 10. Stufe).
Als A-Sprache wählen die meisten SchülerInnen Englisch (mehr als 62 %), gefolgt von Deutsch, Französisch und Russisch. Auch Finnisch und andere Sprachen werden an manchen Schulen angeboten, spielen in der Statistik jedoch keine große Rolle.
Bei den B-Sprachen ist Russland die am häufigsten gewählte, vor Englisch und Deutsch. Letzteres wird am häufigsten als C-Sprache gewählt. Der typische Fremdsprachbildungsweg eines estnischen Schulkindes sieht also so aus: Zuerst Englisch, dann Russisch oder vielleicht Deutsch. Andere Variante: Deutsch als A-Sprache, Englisch dann für B.
Im Lauf der Jahre hat Russisch eine interessante Entwicklung gemacht. Während der Sowjetzeit war Russisch verpflichtend. Nach Wiederherstellung der Unabhängigkeit brach die Zahl der Russischlernernden dramatisch ein. Englisch übernahm die Führung, und Deutsch lernten eine Zeitlang fast genau so viele SchülerInnen wie Russisch. Französisch blieb die ganze Zeit über auf dem gleichen Level, nämlich praktisch ohne Bedeutung.
Im Lauf der Jahre setzte sich dann doch langsam die Erkenntnis durch, dass Russland ein wichtiger Handelspartner ist. Die Zahl der Russischlerner klettert seither schön langsam wieder nach oben, auf Kosten von Deutsch.
Etwa 1,1 Millionen Menschen auf der ganzen Welt sprechen estnisch als Muttersprache (lt. Wikipedia). Synchronisiert wird da fast nix, allenfalls Kinderprogramme. Das heißt, englische, deutsche, französische, finnische, russische und schwedische Filme und Serien werden im Fernsehen im Originalton mit Untertiteln ausgetrahlt. Natürlich schnappen da die Kids auch recht viel auf. Fluch oder Segen?

Haapsalu

Schön langsam habe ich dann genug von Tabasalu, oder eigentlich eher von dieser Wohnung, dem harten Bettsofa, den leeren Schränken, dem nicht glücklich machenden Essen. Mein liebster Ort in Tabasalu ist der Strand und der Naturpark die Klippen entlang. Heute morgen war ich auch dort und es gab noch ein bisschen Sonne, denn ab 11 liegt das Kliff in seinem eigenen Schatten. Es ist so schön da, wenns nicht so kalt wär, bliebe ich den ganzen Tag dort. Ich habe Fossilien gefunden und ein paar Mineralien. Sicher nichts Wichtiges, aber trotzdem faszinierend. Der Kalkstein hier ist immerhin eine halbe Milliarde Jahre alt.
Gestern war ich mit Krista in Haapsalu, an der Westküste. Wie Pärnu ein alter Kurort, angeblich gibt es dort den besten Heilschlamm Estlands. Es gibt eine teils verfallene Bischofsburg, alte Kurhäuser und Villen. Man müsste zum Aquarellieren hinfahren, jede Menge malerischer Motive. Auch sehr empfehlenswert: Das Ilon-Wikland-Museum. Frau Wikland ist die Illustratorin, die die meisten Bücher Astrid Lindgrens illustriert hat. Sie wurde in Tartu geboren und verbrachte ihre Kindheit zuerst in Tallinn, dann in Haapsalu, bis sie während des zweiten Weltkrieges nach Schweden emigrierte. Wenn jemandem der Turm der Bischofsburg bekannt vorkommt: Ilon Wikland hat den Turm der Burg von "Ronja Räuberstochter" diesem Turm nachempfunden. Das hat sie selbst erst bemerkt, als sie Jahre später wieder einmal nach Haapsalu reisen konnte.
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Auf der Fahrt nach Haapsalu erzählte Krista einige Interna des Tabasalu Gymnasiums. Geschichten, die mir nicht ganz unbekannt vorkamen. Rivalisierende Lehrergruppen, Neid, Leute, die nicht wissen, wie gut es ihnen eigentlich geht und die nichts besseres zu tun haben, als anderen das Leben schwer zu machen - das gibt es also auch hier. Auch die schon beschriebenen Nominierungen für den besten Lehrer/die beste Lehrerin ist eine recht heikle Sache. Die Direktorin, aber auch die Elternvertretung kann Lehrer für diese Auszeichnung nominieren. Es können auch mehrere Kandidaten pro Schule nominiert werden, was oft nötig ist, um keine Lehrergruppierung zu vergrämen. Dann gibt es eine Vor-Ausscheidung im Landkreis, wo die 15 besten ausgewählt werden. Zu denen zählt auch Krista, und das wurde eben am Freitag bekannt gegeben. Und dann geht es erst auf nationaler Ebene weiter.
Was also die Lehrer angeht, werde ich recht ernüchtert wieder nach Hause fahren: Weder besser ausgebildet, noch wesentlich anderer Unterricht, was über den Routinebetrieb hinausgeht geht vom persönlichen Engagement der einzelnen Lehrpersonen aus - die estnischen Lehrer ähneln den österreichischen sehr, im guten wie im schlechten. Aber was hatte ich eigentlich erwartet?
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