20
Sep
2011

Pause

Gestern bin ich nicht zum Schreiben gekommen, ich hab stattdessen das Video für die IMST-Präsentation geschnitten. Und obwohl gestern viel los war, schreib ich lieber über heute.
Ich sitze im Lehrerzimmer des Pärnu Gymnasiums und ich habe bereits zwei Stunden Deutsch unterrichtet und je eine Stunde Geschichte und Physik hospitiert. Außerdem war ich Mittagessen in der Kantine und Kaffeetrinken im Kaffeekammerl, umringt von estnischen LehrerInnen, mir wurde Kuchen angeboten und ich schaute den KollegInnen beim Plaudern zu, ohne durch die Inhalte des Gesprächs abgelenkt zu werden, weil ich ohnehin nichts verstehe.
Im Kaffeekammerl fand ich vieles, das mir von zuhause vertraut ist, der Schmäh rennt mit ähnlicher Frequenz, der Lärmpegel ist genauso hoch, soviel zum Klischee von den stoischen, einsilbigen, humorlosen Esten. Dieses sei hiermit endgültig ad acta gelegt. Manchmal haben Klischees ja doch einen wahren Kern, diesmal aber nicht.
Die Schule ist extrem cool, vor zwei Jahren renoviert. Man hatte hier mehr Glück als andere Schulen, die jetzt dran wären, aber die aufgrund der Krise jetzt erst mal durch die Finger schauen. Jeder Lehrer hat seinen eigenen Lehrsaal, wo die Schüler hinkommen. Es gibt ein Whiteboard, einen PC mit Lautsprechern und einen Beamer. Die Klassen sind im Allgemeinen geräumig und neu möbliert. Da jeder seinen Raum hat, braucht man auch kein großes Konferenzzimmer. Es reicht ein größerer Tisch mit Sesseln und drei Computern, ein großes L-Sofa, Fernseher und Stereoanlage. Der Stundenplan wird mit Steckkarten dargestellt, der Supplierplan ist auch hier ein ausgedruckter Zettel, aber eben nur einer, nicht drei wie manchmal bei uns. Ich möchte noch nachfragen, wieviel normalerweise suppliert werden muss.
Hier und im Klo wird man aus kleinen Lautsprechern mit Musik berieselt, was ich überhaupt noch nie gesehen habe. Mehr als fünf Leute trifft man hier selten an. Wenn ich an mein Konferenzzimmer zuhause denke, wo siebzig Leute zwei Computer teilen...
Alle sind sehr freundlich, die Studienleiterin, der Schulleiter, der Physikkollege, der mich ohne zu zögern in seinen Physikunterricht mit genommen hat. Ich kann gratis in der Schulkantine Mittagessen, für den Kaffee soll ich auch nichts zahlen... Gastfreundschaft pur. Auch Gert, bei dem ich diese zwei Wochen untergebracht bin, ist "un sol", wie man auf Spanisch sagt. Aber davon später mehr.
Was ich bis jetzt vom Unterricht gesehen habe: Von der Methodik her nichts Weltbewegendes. Gruppenlernen ist halt selbstverständlicher Bestandteil, aber eben nur Bestandteil. Z.B. haben sich die 5.Klässler in den letzten fünf Minuten der Geschichtestunde gegenseitig die Begriffe aus dem Buch abgefragt. In Physik sollten die 12.Klässler in Vierergruppen zwei Fragen beantworten mithilfe der Unterlagen. Nichts was nicht auch in Österreich gemacht wird.
Der Einsatz von E-Learning ist auch ganz selbstverständlich. Der Physiklehrer (weißhaarig, keine Ahnung wie viele Jahre vor - oder nach??? - der Pensionierung) verwendete in einer Stunde: zwei Youtube-Videos, eine Powerpoint-Folie mit einem Diagramm, die Tischkamera um ein Bild aus einem Buch zu zeigen und MS Word um die Aufgaben zu stellen.
Aber ansonsten gab er einen Monolog mit ein paar Fragen an die Schüler, die ansonsten aber auch nicht sehr aufmerksam zu sein schienen. Die Stunde war weder spannend noch lebendig noch irgendwie speziell geplant.
Aber die Schüler scheinen eine Arbeitshaltung zu haben, die ich von Österreich eher als Ausnahme kenne. Der Lehrer sagt, und die Schüler machen einfach. Unglaublich! So brav. Und die Schüler bleiben konzentriert bei der Aufgabe.
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